Angststörungen


Angst und Angststörungen

Angst ist zunächst ein normales Gefühl. Wie Freude und Ärger gehört die Angst zum gesunden Reaktionsrepertoire des Menschen. Angstgefühle sind ein Schutzmechanismus und haben die Aufgabe, uns Menschen auf Gefahren und Bedrohungen aufmerksam zu machen. Angst kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen:

-  Diffuses Unbehagen und allgemeine Befürchtungen

-  Angst vor bestimmten Situationen oder Dingen

-  Schreck- und Panik-Reaktionen

-  Angst als Reaktion auf erlebte Ereignisse

-  Angst im Vorfeld von unangenehmen Situationen


Als Angststörungen bezeichnet man wiederkehrende oder anhaltende Angstzustände, wo störende Ängste oder Panik-Reaktionen unangemessen auftreten. Es handelt sich also um unrealistische oder übertriebe Ängste vor Dingen, vor denen andere Menschen normalerweise keine Angst haben. Im Verhältnis zur realen Situation ist die Angstreaktion zu häufig, zu stark oder zu lange andauernd. Die Lebensqualität und Lebensführung der Betroffenen wird durch die Angststörungen oft stark beeinträchtigt. 


Es gibt verschiedene Formen von Angststörungen:

  1. -Diffuse und anhaltende Angstgefühle (generalisierte Angststörung). Sie zeichnen sich aus durch eher diffuse, über Monate anhaltende Befürchtungen, Ängste oder Sorgen - so z.B. ein Angehöriger oder der Betroffene selbst könnte erkranken oder einen Unfall haben etc. Die Beschwerden können sehr vielseitig sein. Typisch sind etwa ständige Nervosität, Schwindelgefühle, Herzklopfen.

  2. -Panikstörungen und Panikattacken zeichnen sich aus durch plötzliche, unerwartete wiederkehrende schwere Angstattacken, die mit starken Körperreaktionen einhergehen. Typische Beschwerden sind mehrere plötzlich auftretende Symptome wie Herzklopfen, Brustschmerzen, Erstickungsgefühle, Schweiss und Schwindel. Oft entsteht auch die Furcht zu sterben, ohnmächtig oder wahnsinnig zu werden.

  3. -Panische Angst vor bestimmten Dingen wie Spinnen, Spritzen, etc. (phobische Störungen). In der Folge werden die gefürchteten Dinge und Situationen, wo man ihnen begegnen könnte meist vermieden. Allein die Vorstellung dieser Dinge erzeugt in der Regel schon heftige Angstreaktionen.

  4. -Angst vor bestimmten Situationen wie Menschenansammlungen, engen Räumen, öffentlichen Plätzen, Reisen an unbekannte Orte etc. (Agoraphobie). Die Vermeidung der gefürchteten Situationen führt bei den Betroffenen oft zu einem sozialen Rückzug und zu gravierenden Beeinträchtigung der Lebensqualität.

  5. -Angst vor abwertenden und prüfenden Beurteilungen durch andere Menschen (soziale Phobie). Typische Beschwerden reichen von Erröten, Händezittern und Übelkeit bis zu Panikattacken.

  6. -Angststörungen in Verbindung mit anderen psychischen Beschwerden. Angststörungen sind auch eine häufige Begleiterscheinung bei Depressionen, Suchterkrankungen, Zwängen und weiteren psychischen Beschwerden.


Folgende Anzeichen sind Hinweise für Angststörungen:

  1. Es gibt keine reale Bedrohung, welche die Angstzustände rechtfertigt.

  2. Die Angstzustände dauern auch nach Beseitigung einer realen Bedrohung an.

  3. Die Angstzustände sind zu stark oder zu lange andauernd.

  4. Das Auftreten und das Ausmass der Angst kann nicht kontrolliert werden.

  5. Es treten belastende körperliche Symptome auf.

  6. Es entstehen ausgeprägte Erwartungsängste (Angst vor der Angst).

  7. Angst machende, auch objektiv ungefährliche Situationen, werden vermieden.

  8. Das berufliche und soziale Leben wird durch die Vermeidung Angst auslösender Situationen eingeschränkt.


Häufigkeit von Angststörungen

Angststörungen gehören in unserer Gesellschaft zu den häufigsten psychischen Beschwerden. Gemäss einer Studie der Universität Zürich, die 2008 in der Zeitschrift Swiss medical Weekly veröffentlicht wurde, litten 2004 rund 10% der Schweizer Bevölkerung (über 700'000 Personen) an einer Angststörung. Die Angststörungen machten einen Anteil von über 55% aller psychischen Störungen aus. Amerikanische Studien belegen für die USA sogar noch einen deutlich höheren Bevölkerungsdurchschnitt. Über die Gründe für diesen grossen Anteil von Betroffenen kann nur spekuliert werden.



Die Ursache und Entstehung von Angststörungen

Jeder Mensch hat eine einzigartige Geschichte, Prägungen und körperliche Veranlagungen, die sich aus einer fast unendlichen Vielzahl von Faktoren zusammensetzen. Die Ursache von Angststörungen kann deshalb nur in seltenen Fällen auf ein einziges Ereignis zurückgeführt werden. In den meisten Fällen entwickeln sich Angststörungen über einen langen Zeitraum durch ein unglückliches Zusammenwirken vieler Einflüsse, die erst im Zusammen- und Wechselwirken den tatsächlichen Ausbruch einer Angststörung bewirken. Es gibt jedoch einige Faktoren, wo man heute davon ausgeht, dass sie die Entstehung von Angststörungen begünstigen können.


Faktoren, welche die Entstehung von Angststörungen begünstigen:

  1. -Traumatische Lebensereignisse, wie z.B. der plötzliche Tod eines nahen Verwandten.

  2. -Lang andauernder Stress und Belastungen im Beruf und Alltag, zusammen mit dem Unvermögen sich zu entspannen oder abzulenken.

  3. -Generationenübertragung von Angststörungen. Ängstliche Verhaltensmuster können in der Kindheit manchmal von den Eltern kopiert worden sein.

  4. -Das plötzliche, oft unerwartete Auftreten einer ersten Panikattacke kann zu einer tiefen Verunsicherung führen und das Auftreten weiterer Attacken begünstigen.

  5. -Eine übertriebene und ängstliche Selbstbeobachtung von Körperfunktionen und Empfindungen.

  6. -Ein übermässiger Sucht- und Genussmittelkonsum kann das Risiko für Angststörungen erhöhen.

  7. -Umweltfaktoren wie Lärmbelastung, Strahlung, Wohnort- oder Stellenwechsel, etc.

  8. -Verschiedene Krankheiten, Stoffwechselstörungen und Hirnverletzungen.

  9. -Angst ist eine Begleiterscheinung vieler seelischer Krankheiten. So ist sie meist auch bei Depressionen, Zwangsstörungen, Psychosen, etc. ein Begleitsymptom.


Viele Betroffene reagieren auf belastende Angstereignisse und die dazu gehörenden unangenehmen Körperempfindungen verständlicherweise durch Verunsicherung. In der Folge versuche Sie die Angst auslösenden Situationen zu vermeiden. Die Vermeidung ist jedoch eine trügerische Lösung. Sie vergrössert meist die Angst vor den Situationen, welche die Angst oder Panikattacken auslösen (Angst vor der Angst), was die Betroffenen wiederum in der Vermeidung dieser Situationen bestärkt, etc. So geraten die Betroffenen in einen regelrechten Teufelskreis.



Die Folgen von Angststörungen

Angst und Panikstörungen haben nicht nur Auswirkungen für die direkt betroffenen Personen. Das soziale Umfeld kann ebenfalls stark belastet werden und die Behandlungskosten und Arbeitsausfälle müssen durch die breite Bevölkerung mitgetragen werden. 


Auswirkungen für die Betroffenen

Menschen mit einer Angst- oder Panikstörung entwickeln oft eine zunehmende Angst vor der nächsten Panikattacke. Diese Angst vor der Angst kann sich zu einer dauernden und schweren zusätzlichen Belastung entwickeln. Es entsteht eine negative Angst-Spirale: In der Hoffnung sich von diesem Druck zu befreien, beginnen die Betroffenen immer mehr Situationen und Orte, an denen sie eine Panikattacke befürchten, zu vermeiden, was die Angst wiederum vergrössert. Dieser Teufelskreis führt in manchen Fällen zu einer zunehmenden Isolation und Vereinsamung. Kulturelle Veranstaltungen, gesellschaftliche Ereignisse, öffentliche Verkehrsmittel, Einkaufszentren, etc. werden zunehmend gemieden. Die Angst und die Vermeidung der Angst werden bei den Betroffenen und im direkten sozialen Umfeld zum beherrschenden Thema.

Manchmal können sich Betroffene nur noch unter dem Einfluss von Alkohol, Nikotin oder anderen Genuss- und Suchtmitteln oder mit Hilfe von Beruhigungs- und Schlafmitteln entspannen und geraten in eine Abhängigkeit. Die Isolation und zermürbenden Ängste begünstigen, dass Betroffene in eine Depression absinken oder andere zusätzliche psychische Probleme entwickeln.


Die negative Angst-Spirale


















Folgen für die Angehörigen

Menschen im direkten Umfeld der Betroffenen geraten oft in eine schwierige Lage. Manche reagieren mit Unverständnis, weil ihnen die Angst- und Panikreaktionen übertrieben erscheinen und nicht nachvollziehbar sind. Es ist ihnen oft nicht ersichtlich, dass es sich bei diesem ungewöhnlichen Verhalten um eine Krankheit handelt. Die Betroffenen geraten dadurch zusätzlich unter Druck. In andern Fällen versuchen Angehörige die Betroffenen zu entlasten, indem sie ihnen mehr und mehr der gefürchteten Tätigkeiten abnehmen. Dadurch fühlen sich die Helfenden oft zunehmend eingeschränkt, geraten in eine Überforderung und unterstützen unwissentlich die Vermeidungshaltung der Betroffenen.

In schwerwiegenden Fällen, kann es soweit kommen, dass Beziehungen in die Brüche gehen und das gesamte soziale Netz auseinanderbricht. Die Betroffenen verlieren ihre Arbeitsfähigkeit, geraten in finanzielle Schwierigkeiten oder werden abhängig von der Sozialhilfe oder Invalidenrente. 


Folgen für die Gesellschaft

Viele Angststörungen verursachen über Jahre beträchtliche volkswirtschaftliche Kosten, die von der breiten Bevölkerung mitgetragen werden muss.

 

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Wie funktioniert Angst?

Angst ist zunächst ein normaler, angeborener Reflex. Durch eine blitzschnelle Reaktion werden in einer bedrohlichen Situation alle Körperreserven mobilisiert und der gesamte Organismus auf Flucht oder Kampf eingestellt. Dadurch soll die körperliche und seelische Unversehrtheit, im Extremfall also das Überleben gesichert werden.

Die körperlichen Ausdrucksformen der Angst sind die gleichen, unabhängig davon, ob es sich um eine reale Bedrohung oder um eine Panikattacke aus heiterem Himmel handelt.


Angst ist immer ein Zusammenspiel von körperlichen und seelischen Phänomenen:

-  Erhöhte Aufmerksamkeit, innere Alarmbereitschaft

-  Das normale Denkvermögen wird stark eingeschränkt (wir handeln reflexartig)

-  Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher

-  Erhöhte Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit

-  Erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck

-  Flachere und schnellere Atmung

-  Körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Schwitzen, Zittern und Schwindelgefühl

-  Blasen-, Darm- und Magentätigkeit werden während des Zustands der Angst gehemmt

-  Übelkeit und Atemnot treten in manchen Fällen ebenfalls auf

-  Absonderung von Molekülen im Schweiß, die unterbewusst Alarmbereitschaft auslösen


Bei einer Angststörung entsteht ein Kreislauf der Angst an dem die Wahrnehmung, das Denken, verschiedene Körperreaktionen und die Gefühle beteiligt sind:














-  Die Wahrnehmung (von Angst auslösenden oder Angst verstärkenden Situationen oder Gegenständen)

Gedanken und Befürchtungen (welche Angstgefühle auslösen oder verstärken)

Angstgefühle (welche im Körper Angstreaktionen hervorrufen)

Körperreaktionen (hoher Puls, Muskelanspannung etc. die als beängstigend wahrgenommen werden)


Nachdem dieser Kreislauf einmal in Gang gekommen ist, verstärken sich die unterschiedlichen Stressreaktionen gegenseitig. Im Extremfall schaukeln sie sich immer weiter hoch und eskalieren schliesslich in einer Panikattacke.

 
 

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